Parchimer Flugplatz, Belastung für den Kreishaushalt

Parchimer Flugplatz bleibt Millionenrisiko für den Kreishaushalt / Landrat: Wir kommen aus den alten Verträgen wohl nicht heraus.


"Es gibt zwei millionenschwere Risiken für den Kreishaushalt: Die Finanzpolitik des Landes und den Parchimer Flugplatz. Beide sind derzeit unkalkulierbar. Beim Flugplatz kommt hinzu, dass sich der Landkreis nicht einmal wehren kann. Denn nach alten Verträgen aus dem Altkreis Parchim muss der Kreis bei Bauarbeiten auf dem Flugplatz die Kosten für die Munitionsbergung bezahlen.

Landrat Rolf Christiansen hat nun auf Nachfrage bestätigt, dass der Kreis nach einer ersten Prüfung aus den Verträgen wohl nicht herauskommen werde. „Die Verträge sind weder sittenwidrig, wie einige vermutet haben, noch aus anderen Gründen anfechtbar.“ Die Höhe des finanziellen Risikos könne man seriös nicht beziffern. Das hänge von den geplanten Sanierungsarbeiten und den Kosten ab. Aber es sei schon ein Grund, sich Sorgen zu machen. Christiansen vermied es, seinen Vorgänger im Landratsamt in Parchim direkt zu kritisieren. Allerdings gab er zu, dass er so einen Vertrag nicht unterschrieben hätte. Sein Fachdienstleiter für rechtliche Anliegen, Christopher Pöschke, ergänzte, dass er so einen Vertrag auch niemals vorgelegt hätte.

Kreis steckt nun
im Zwiespalt

Somit steckt der Kreis im Zwiespalt. Auf der einen Seite wollen alle, dass der Flughafen ein Erfolg wird. Auf der anderen Seite muss der Kreis jetzt jedes Mal Angst haben, wenn die Bagger anrollen sollten, weil dann prompt die Rechnung kommt. Seit dem vergangenen Jahr sind die Reserven, die man für so einen Fall angelegt hatte, aufgebraucht. Damals hatte der Kreis 250 000 Euro für Kosten der Munitionsbergung auf den Tisch legen müssen. Schon damals hatte es im Kreistag heftige Diskussionen dazu gegeben.

Gustav Graf von Westarp, Fraktionsvorsitzender Umwelt, Piraten, Freie Wähler, hatte eine Prüfung des Vertrages auf Sittenwidrigkeit angemahnt. Es könne doch nicht sein, dass der Kreis für Lasten aus Zeiten der DDR und eventuell noch älter zuständig ist. Er nahm an, dass noch weitere Summen, nicht nur wegen der Munition, sondern auch wegen des Kerosins auf den Landkreis zukommen. Dies könne der Landkreis dauerhaft nicht bezahlen. Der Kreis solle sich um mögliche Sonderzahlungen des Landes kümmern.

Bleibt die Frage, wie es zu dem Vertrag kam? Wolfgang Bohnstedt, Fraktionsvorsitzender der Linken und auch damals im alten Kreistag, bekannte, dass sich seine Fraktion mit dem Thema noch nicht beschäftigt habe, es jetzt aber sicherlich tun werde.

Das Thema der Munitionsbelastung sei damals an den Fraktionen des Kreistages vorbeigegangen. Das sei im Wesentlichen eine Sache des engen Zirkels um Landrat Iredi gewesen. Wolfgang Waldmüller von der CDU sieht das ähnlich, auch er war damals Mitglied im Kreistag, wenn auch nicht Fraktionsvorsitzender. „Das war damals Herrschaftswissen des Landrates. Ich kannte den Vertragsinhalt nicht, und kenne ihn auch heute noch nicht. Ich weiß nur, dass ich so einem Vertrag, der wohl so eindeutig zu Lasten des Kreises geht, nicht zugestimmt hätte. Allerdings war damals der Kampf beim Flughafen auf die Verhinderung der Schließung und den Erhalt der Flugerlaubnis gerichtet.“ Waldmüller geht nun davon aus, dass das Thema schnell besprochen wird und der Landrat den Vertrag dem Kreistag einmal vorlegt.

Das Vertragswerk hatte allerdings der Alt-Kreistag Parchim am 7. Mai 2007 einstimmig bestätigt, nachdem der damalige Landrat Klaus-Jürgen Iredi (SPD) und Flughafen-Investor Jonathan Pang den Vertrag bereits Wochen vorher paraphiert hatten. Bundestagsabgeordnete Karin Strenz (CDU), damals Vorsitzende des Aufsichtsrates der Baltic Airport Mecklenburg GmbH, lobte nach dem Kreistagsbeschluss die eigens vom Kreistag einberufenen Arbeitsgruppe Flughafen, der es gelungen sei, „Fehler zu analysieren und die weitere Vorgehensweise abzustecken“. Munitionsberäumung war damals nicht das große Thema. Allerdings war bekannt, dass mehrere Millionen Liter Flugbenzin im Boden versickert waren, und der Kreis zehn Prozent der Sanierungskosten zu tragen hatte.

Unstrittig ist, dass im Kaufvertrag geregelt wurde, wer die Kosten für die Munitionssuche und -bergung auf Flughafengelände und Gewerbegebiet trägt: Landkreis und Stadt Parchim. Dafür hat der Flughafenbetreiber „bei allen baulichen Maßnahmen den Munitionsbergungsdienst zu beteiligen“. Wörtlich heißt es im Vertrag: „Die Kosten für die Begleitung der Baumaßnahme durch den Munitionsbergungsdienst trägt der Verkäufer bzw. die Stadt.“ Folgekosten wie eine verzögerte Nutzung sind ausgeschlossen.

Margret Seemann, Fraktionsvorsitzende der SPD, wünscht sich eine schnelle Aufklärung in der Sache. „Wir wollen wissen, was bisher bezahlt wurde und welche Ansprüche noch bestehen. Das wird sicherlich im nicht öffentlichen Teil passieren. Da wird es aber deutliche Fragen von unserer Seite geben.“

 

Mayk Pohle/Udo Mitzlaff: "Wehe, wenn die Bagger anrücken", Schweriner Volkszeitung (31.01.2017)

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