Toilettennutzung nicht möglich

Die Toilettennutzung am Busbahnhof ist für Schwerbehinderte durch ein zweites Schloss nicht möglich.


Wenn Patricia Liedel etwas in Hagenow zu erledigen hat, ist ihr nicht wohl zumute. Denn die ehemalige Busfahrerin ist schwerbehindert und für den Großteil der Zeit auf einen Rollstuhl angewiesen. Zum Problem wurde das in den vergangenen Monaten vor allem dadurch, dass die über 50-Jährige bei der Behindertentoilette auf dem (Wohnmobil)Parkplatz hinter dem Rathausplatz an der Teichstraße regelmäßig vor verschlossener Tür steht. Denn die Stadt Hagenow hat ein zweites Schloss angebracht, das die Nutzung der Toilette ohne zusätzliche Hilfe der Stadtverwaltung unmöglich macht.

„Ich habe einen sogenannten EU-Schlüssel, mit dem ich die Türen von Behindertentoiletten eigentlich öffnen kann“, erklärt Patricia Liedel. Einen solchen Schlüssel erhalten Menschen mit Behinderung unter Vorlage eines spezifischen Nachweises beispielsweise beim Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e.V. (BSK).

„Im Sommer ist es uns gelungen, die Toilette eine Zeit lang ungehindert nutzen zu können“, erzählt Patricia Liedel. Doch als sie die Toilette das erste Mal aufsucht, war sie verschlossen. „Damals habe ich bei der Stadt angerufen. Die schickten drei Männer, die die Toilette aufschlossen.“ Der Anblick, der sich Patricia Liedel und ihrer Tochter da bot, war erschreckend. „Das Licht war defekt, die Wände waren mit Kot beschmiert, Seife gab es nicht“, erinnert sich Liedel. „Man musste einen Stuhl in die Tür stellen, damit man nicht im Dunkeln saß.“

Die Frau vermutete, dass die gesamte Elektrik der Toilette zu diesem Zeitpunkt nicht funktionierte. „Normalerweise öffnet sich die Tür elektronisch, wenn man sie mit dem EU-Schlüssel öffnet. Doch weder das noch das Licht funktionierte.“ Somit müsste jemand, der die Behindertentoilette nutzen will, diese auch noch selbstständig öffnen. Für viele Menschen mit Behinderung ist das jedoch nicht oder nur mit großer Anstrengung möglich. Ein weiteres Problem, das sich in diesem Zusammenhang darstellt, ist das außen an der Toilette angebrachte „Hilfe“-Signal. Denn ohne eine funktionierende Elektrik sind Menschen mit Behinderung, die die Toilette nutzen, nicht in der Lage, mit diesem Signal um Hilfe zu rufen.

Auch Bernd Thieke, Vorsitzender des Senioren- und Behindertenbeirates der Stadt Hagenow steht der Situation kritisch gegenüber: „Das ist natürlich kein Zustand, wenn die Tür noch mit einem zweiten Schloss gesichert ist. Damit wird ja die Barrierefreiheit ausgehebelt. Und das kann nicht sein und muss verändert werden. Menschen mit Handicap haben einen speziellen Schlüssel, um deutschlandweit die Toiletten öffnen zu können. Der Zugang muss gewährleistet sein.“

Doch warum hat die Stadt überhaupt ein zweites Schloss an der Toilette anbringen lassen? Um Vandalismus und weitere Beschädigungen zu verhindern, erhält Patricia Liedel auf ihre Nachfrage hin als Antwort. Verständlich, und doch stellt das zusätzliche Schloss ein großes Problem dar, denn nicht immer ist jemand im Rathaus erreichbar, um die Toilette zu öffnen, beispielsweise am Wochenende.

Seit etwa einem halben Jahr versucht Patricia Liedel nun schon, das Thema mit der Stadt zu klären und eine Lösung zu finden. Bisher jedoch ohne Erfolg. Auch auf mehrfache SVZ-Nachfrage erhielt unsere Redaktion keine Antwort aus der Verwaltung hinsichtlich der Gründe für das zusätzliche Schloss und die weitere Verfahrensweise.

„Ich würde mir wirklich wünschen, dass die Stadt das zweite Schloss an der Tür entfernt, damit man die Toilette wieder ungehindert nutzen kann“, hofft Patricia Liedel.

Jacqueline Worch/dihi : "Stadt behindert Toilettennutzung" , Schweriner Volkszeitung 31.01.2018, Seit 7